Wia ham eam!

MIT BRUCKNER DURCHS JAHR

„Wia ham eam!“ stellte Johann Holzinger, der Propst des Stiftes Sankt Florian, augenzwinkernd in einer der ersten großen Gesprächsrunden zur Planung des Bruckner-Jubiläumsjahrs vor zwei Jahren klar. Ja, wir haben ihn! Anton Bruckner gehört zu uns, gehört uns aber nicht. Seine Musik gehört der ganzen Welt, wird in der ganzen Welt gespielt und gehört. Er lässt uns von und in der Welt hören. Er kommt vom Land und blieb auch einer vom Land, als er die letzten 18 Jahre seines Lebens in Wien verbrachte. Am Anfang steht Ansfelden, am Ende St. Florian. Die Luftlinie zwischen Geburtshaus und Bestattungsort beträgt nicht einmal sieben Kilometer, und doch ist sein Aktionsradius die Welt. Hier ereignete sich Bruckner zwischen Kyrierufen und Landlerschritten, Tanzboden und Kirchtürmen, Hügeln und Wäldern. Wer sich mit dem Menschen Bruckner befasst, muss sich auseinandersetzen, stößt auf Krisen, Zweifel und Beharrlichkeit und viele Ichs. Er ist in seiner scheinbaren Widersprüchlichkeit schwer zu fassen. Bruckner beherrschte sein kompositorisches Handwerk wie wenige, begriff sich im Fluss der Tradition und schlug doch einen Raum auf, eine andere künstlerische Perspektive ein, die wie ein „Meteorit“ (Harnoncourt) in die Musikgeschichte einschlug. Er war weder Traditionalist noch Avantgardist. Er war ein Traditionsavantgardist und zählt heute zu den meistgespielten Symphoniekomponisten auf dieser Welt.

Seine Persönlichkeit und sein Werk sind unverwechselbar, führen uns an die Wurzel, zu uns, zu Tradition und Avantgarde. Sein 200. Geburtstag ist Anlass für die erste oberösterreichische KulturEXPO Anton Bruckner 2024. Ganz Oberösterreich wird Bühne, nicht nur die vielen Bruckner-Orte werden zum Zentralraum einer Bewegung, die uns umfassend mitnehmen will, die wir selbst gestalten. Oberösterreich ist einer der klingendsten Kulturräume Europas. Das Brucknergeburtstagsjahr und darüber hinaus die Kulturhauptstadt Salzkammergut 2024 schenken uns die Möglichkeit, ein neues Kulturbewusstsein zu erlangen. Kultur verhandelt Vielfalt, Wandel und Zusammengehörigkeit. Voneinander hören stiftet Zusammengehörigkeit, einander zuhören Zugewandtheit.

Viele Menschen, Kunst- und Kulturschaffende, Organisationen, Gemeinden, Vereine, Körperschaften, Verbände, Institutionen und Einzelpersonen haben sich von der Einladung zum Feiern erfassen lassen und bescheren eine unerhörte Fülle, die von uns auch international hören lassen wird. Dazu kommen Eigenproduktionen, die auch durch einen Call gefunden wurden, mit denen wir wechselseitig in Resonanz gehen und im Brucknerraum Oberösterreich unterwegs sein werden. Der Bogen spannt sich von der Quantenphysik bis zur Tanzperformance, vom Konzert bis zur Sportveranstaltung, vom Theaterstück bis zum Kunstautomaten oder klingenden Wäldern. Erwarten Sie das Unerwartete, wir sorgen selbst dafür!

Norbert Trawöger // Künstlerischer Leiter Anton Bruckner 2024

anton bruckner 2024 // KulturExpo // Oberösterreich


Erschienen in: Kulturbericht Oberösterreich / Monatsschrift der OÖ Kultur / Okt. 2023
Foto: Maria Frodl